Ich selbst bin seit 2019 Gewerkschaftsmitglied, war dabei als Betriebe bestreikt und Forderungen gestellt wurden. Während dieser Zeit habe ich sehr viele verschiedene Menschen kennengelernt, ihre Arbeitsplätze besucht und vieles weitere gelernt und gesehen.
Gewerkschaften sind nicht unumstritten, sowohl von Seiten der Arbeitgeber, aber auch von den Arbeitnehmern und der Gesellschaft selbst. Wenn Gewerkschaften, wie derzeit die ver.di, Betriebe oder gar ganze Konzerne bestreiken bleibt das nicht unbemerkt. (Wichtige) Post kommt nicht an, Eltern stehen vor geschlossenen Kita’s, Pendler kommen nicht zur Arbeit weil kein Zug fährt, Operationen müssen verschoben werden weil Ärzte auf die Straße gehen. Gewerkschaftsmitglieder dürfen sich dann gerne mal Vorwürfe anhören. Man fragt sich was denen einfällt so ein Chaos zu erzeugen.
Was mich betrifft, denken die Menschen die sich darüber beschweren nicht weit genug, ob sie nun von den Auswirkungen selbst betroffen sind oder nicht. Für sie ist wichtig, dass ihr Alltag funktioniert, dass sie ohne große Einschränkungen ihr Ding machen können. Natürlich haben sie selbst eigene Probleme und Verpflichtungen, allerdings übersieht man dabei schnell mal dass es den Streikenden genauso geht. Das DIE auch von etwas leben müssen, Angst vor Altersarmut haben, ihrer Aufgabe aus verschiedenen Gründen nicht mehr gerecht werden können. Und, das man selbst auch irgendwann einmal in die Lage kommen könnte, für seine Rechte kämpfen zu müssen.
Und vermutlich wissen diese Menschen auch nicht dass sie selbst schon lange von den vergangenen Forderungen der Gewerkschaften profitieren, wie zum Beispiel von der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Festschreibung der wöchentlichen Arbeitszeit, Mutterschutz usw. Nur sind diese Dinge inzwischen selbstverständlich. Was wäre denn wenn diese wieder genommen werden sollen?
Um beim Beispiel der Ärzte, des Pflegepersonals, der Hebammen, Kindergärtnerinnen etc pp. zu bleiben, diese Menschen haben sich nicht aus Jux und Tollerei für Soziale Berufe entschieden. Sie wollen Menschen helfen. Wenn aber der Staat Einrichtungen wie Krankenhäuser privatisiert und sie dem Wirtschaftszwang unterwirft, darf man sich nicht wundern, wenn die Menschen irgendwann auf die Straße gehen. Sie werden ausgepresst um ein System am laufen zu halten das, wir kennen den Begriff, systemrelevant ist und für die Menschen da sein sollte. Nicht zur Gewinnmaximierung.
Die Gewerkschaften sind das Bindeglied zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern, im besten Fall finden sie gemeinsam mit beiden Parteien ausgewogene, zukunftssichere Lösungen. Dass das nicht immer funktioniert, Menschen aus Gewerkschaften genauso wie aus Parteien, Vereinen usw. usf. austreten weil sie sich nicht ausreichend präsentiert/unterstützt/verstanden fühlen, die Seiten wechseln oder aus allem nur ihren eigenen Vorteil ziehen ist nichts neues. Wir sind Menschen, so sind wir gestrickt, so war und wird es immer sein. Dennoch sind die Gewerkschaften ein wichtiges Instrument um den Menschen gute Arbeits- und Lebensbedingungen zu sichern, um die Gesellschaft in sich zu stabilisieren.
Gemeinsam sind wir stark ist eine der Parolen die man im Arbeitskampf immer wieder hört. Die einen sagen der Slogan sei abgedroschen, die anderen sehen darin das wahre Wesen der Gewerkschaften. Gemeinsam, über Betriebsgrenzen hinweg, wird für bessere Bedingungen am Arbeitsplatz und gegen Ausbeutung gekämpft. Zu Wahrung von Lebensqualität, zur Schaffung einer lebenswerten Zukunft.
Immerhin verbringen wir einen nicht geringen Teil des Tages auf der Arbeit. Wir identifizieren uns damit, schöpfen daraus die Werte, welche unsere Leben ausmachen. Sie entscheiden über gesellschaftliche Beteiligung, über Perspektiven, der Möglichkeit einen Kredit zu bekommen um sich Träume zu verwirklichen, oder einfach nur zur Arbeit zu kommen. Da ist es nur ganz natürlich sich zusammen zu tun und dafür zu kämpfen, gerecht beteiligt zu werden an den Gewinnen, die ein Unternehmen erwirtschaftet. Für die Anerkennung und Förderungen der eigenen Fähigkeiten. Um nicht irgendwann ersetzt und abgeschafft zu werden. Sondern durch Wissen und Erfahrung, als ein Teil des Ganzen, den Fortbestand und die Weiterentwicklung der Fähigkeiten eines Landes zu sichern.
Ich glaube das Gewerkschaften einen wichtigen Teil in unserer Gesellschaft einnehmen. Sie bringen viele unter einem Schirm zusammen und schaffen was dem einzelnen verwehrt bleibt. Sie sind nicht perfekt, wie alles im Leben. Aber sie versprechen Halt, beraten, bilden aus, organisieren und gestalten, lenken Aufmerksamkeit auf bestimmte Themen und Lebensbereiche. Das sollte man bedenken, während man sich mal wieder aufregt, weil gerade hier oder da wieder Menschen mit Trillerpfeifen und Bannern durch die Stadt laufen.
2 thoughts on “Daniel | Gewerkschaften im Allgemeinen, VerDi im Speziellen: Werden die noch gebraucht?”