Es ist immer spannend, mitzubekommen, was Leser in einen Text hineininterpretieren. Holger und Daniel machen sich tatsächlich Sorgen um meinen Gemütszustand. Zumindest Daniel ist zuversichtlich, dass ich es hinbekomme. Danke dafür. Ich kann euch versichern, dass ich weder depressiv noch ein Wutbürger bin. Ich wollte nur die Grundstimmung im Land skizzieren. Scheint mir gelungen zu sein.
Natürlich bin ich frustriert. Wie kann es auch anders sein? Schlittern wir doch seit Jahren von einer Krise in die nächste und die Regierung kommt aus dem Krisenmodus gar nicht heraus und reagiert nur noch. Aber ich bin zuversichtlich, dass ich durch jede Krise komme. Es braucht ein wenig Glück dafür, aber dieses Glück habe ich. Warum ich da zuversichtlich bin? Weil ich schon sehr viel Glück in meinem Leben hatte:
- Ich bin als weißer Mann in einem wohlhabenden Nord-Europäischen Land geboren
- Ich habe einen gut bezahlten Job in einer an sich Struktur-Schwachen-Gegend, was es mir erlaubt hat mir Eigentum anzuschaffen.
- Viele Entscheidungen habe ich aus Zufall zum jeweils richtigen Zeitpunkt getroffen und so jeweils das maximale aus der jeweiligen Situation geholt.
Die Liste würde sich noch beinahe beliebig erweitern lassen. Um mich mache ich mir also keine Sorgen. Aber um die Gesellschaft an sich schon. Und darum, wo das alles so hinführt.
Holger schreibt:
Der Staat sind wir. Wenn es dir nicht passt, dann wähle dir neue Volksvertreter. Oder mache es selbst. Deswegen nennen wir uns Demokratie
Das ist natürlich nur die halbe Wahrheit. Ich wähle schon seit vielen Jahren anders. Die Linke, die Piraten … das sind Parteien, denen ich meine Stimme gebe. Nicht, weil ich mit allem einverstanden bin, was die sagen, aber mit einigem. Politik ist immer Kompromiss und Konsens. Wenn sich aber alle Entscheider in der Mitte einig sind, dann kann sich nichts bewegen. Also brauchen wir ein Extrem vom Rand, um neue Impulse zu setzen. Nur bin ich einer der wenigen, der diese Meinung vertritt und so tut sich eben kaum was.
Und die Mitte ist eben die Mitte. Die Parteien und die Politiker in der Mitte sind extrem angepasst und haben einen langen Weg hinter sich. Einen Weg, in dem diese Versprechen gegeben haben, die man einhalten muss. Einen Weg mit vielen Einflüssen aus der Partei, dem Volk und den Lobbyisten. In der Position angekommen, in der man etwas bewegen kann, ist man bereits gelähmt und nicht mehr frei.
Und der Staat besteht ja nicht nur aus den Ministern und Politikern, die regieren, sondern auch aus vielen Staatsdienern. Und wer sich in seinem Büro, seiner Fabrikhalle, Baustelle oder Werkstatt umschaut, weiß, dass auf 10 Angestellten 9 Personen kommen, die einfach nur Ihren Tag absitzen und ihren Stand halten möchten. Diese werden also nur so handeln, dass es ihnen nicht schadet und bitte nicht zu viel Arbeit macht. Und von diesen Staatsdienern sind regierende Politiker durchaus abhängig.
Ich alleine schaff es also nicht einen wirklichen Politikwechsel zu erwirken und wenn ich selber in die Politik gehe, werde ich täglich mehr korrumpiert und bin am Ende nur ein Anzugträger von vielen.
Ich hab mich sicher falsch ausgedrückt, als ich sagte, dass der Staat korrupt ist – kaputt ist er aber definitiv. Und ich glaube nicht das ein Ölwechsel reicht, um das zu beheben. Eine Generalüberholung ist hier definitiv erforderlich.
Sooo und jetzt wieder runterkommen Herr Thiel….
3 thoughts on “Ist Deutschland zu retten?”