Stromausfälle sind nicht nur wahrscheinlich, nein: Sie finden andauernd statt. Die oberallermeisten sind jedoch so kurz und so regional, dass der Großteil der Bürger nichts davon mitbekommt. Nein, was wir für dieses Thema brauchen, ist ein ausgewachsener Blackout. Und zwar nicht so ein „Pupsblackout“ wie 2005 im Münsterland (Schneelast liess Strommasten einknicken), wo nach einigen Tagen der Saft wieder da war oder son Kinderkram wie 2006 der Ausfall in halb Europa (wegen der Ausschiffung eines Kreuzfahrtschiffes auf der Ems), dessen Dauer man noch in Minuten ausdrücken kann.
Um ein Szenario zu erhalten, bei dem der Untergang der Zivilisation bevorstehen könnte, muss es schon ein sehr gewaltiger Totalausfall sein, eine Kaskadierung von Problemen, die selbst eine Notversorgung nur schwerlich realisierbar machen. Aber woher nehmen? Das (europäische) Stromnetz ist zwar fragil, aber stabil und redundant. Und wenn doch mal was ausfällt (es gibt neben den obigen beiden Beispielen noch unzählige andere), dann kann das (bisher) relativ Zeitnah kompensiert werden. Aber nicht nur Toyota wusste: Nichts ist unmöglich.
Leider braucht man nur die Nachrichten schauen, um was zu finden: 1600km Richtung Osten wird gerade mutwillig die Stromversorgung eines ganzen Landes zerstört. Ich will jetzt nicht politisch werden und vermutlich kann man das am besten philosophisch betrachten: Ein Krieg ist im Grunde schon das Ende von Zivilisation. Nein, denken wir positiv: Wir gehen doch alle davon aus, dass dieser Krieg irgendwann mal beendet ist und dann wird die zerstörte Infrastruktur wieder hergestellt. Bis dahin müssen sich alle zusammenreissen und vor allem: Zusammenhalten.
Und darum geht es: Der Mensch hat sich vom elektrischen Strom so abhängig gemacht, dass der normale Alltag sofort aufhört, zu existieren, wenn der Strom großflächig und länger weg ist. Einkaufen? Is‘ nich‘, es gehen nicht mal mehr die Türen auf! Von den Kassen ganz zu schweigen. Und die Ware in den Kühlfächern taut langsam auf und verdirbt. Was werden die Supermärkte machen? Die Sachen vor die Tür stellen, damit der ein oder andere sich davon noch eine Mahlzeit zubereiten kann? Aber wie denn? Der E-Herd funktioniert nicht, der Gasherd vielleicht noch einige Zeit. Offenes Feuer? Kamin? Wer hat sowas noch? Die ersten Menschen in den Städten werden schon mal sterben, weil sie sich einen Grill oder sowas in die Wohnung gestellt haben und sanft entschlafen, weil sie eine massive CO-Vergiftung haben. Ist auch allen bewusst, dass es kein fliessendes Wasser mehr geben wird? Und wenn man das letzte mal die Spültaste auf der Toilette gedrückt hat, dann hat man immerhin eine sehr steile Lernkurve.
Die Bundesregierung hat einige Notfallprogramme, um die Bevölkerung mit Trinkwasser zu versorgen. Das wird auch funktionieren, nur eben mit Mühe und ganz bestimmt nicht flächendeckend. Und ja: Ich gehe davon aus, dass sich die Menschen zunächst gegenseitig helfen werden. Der Mensch an sich ist nett. Aber irgendwann hört das auf, denn Durst und Hunger sind harte Motivatoren.
Ich kann mir gut vorstellen, dass sich insbesondere in den Hochhaussiedlungen der Städte nach einigen Tagen ein paar Macker zusammentun, um „für Ordnung zu sorgen“. Und wenn der Strom nun gar nicht wieder kommt? Tja. Habt ihr Rattentanz gelesen? In diesem Schlechte-Laune-Buch ist das sehr eindrücklich beschrieben. Und ob die Polizei etc. ausreichend Präsenz zeigen können, das bezweifle ich. Das sind auch alles nur Menschen, mit Familien und Sorgen. Ob der Wilde Westen, wie wir ihn aus Filmen kennen, in Wirklichkeit so war, weiss ich nicht. Aber ich gehe davon aus, dass sich die Zivilisation einfach einige Dekaden zurück entwickelt und das müsste so ungefähr der Status mit Hütten und Kaminen sein. Ja, mit massiven Verlusten in der Bevölkerung. Sei es durch Mord, Hunger oder Krankheiten.
Fast schon könnte man von einer Renaturalisierung, vom Auswildern der Menschheit sprechen. Gar nicht so übel, der Gedanke. Kann man sich fast drauf freuen.